Freiheit der Gesellschaft: eine Voraussetzung für Gesundheit

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Seit sehr langer Zeit haben Landwirte erkannt, dass Rinder, die im Sommer auf einer Alp leben, gesünder sind. In den letzten Jahren sind von Gesetzes wegen Rinder im Genuss, auch im Winter vermehrt im Freien zu äsen. Ebenso haben die Politiker erkannt, dass Hühner mit Auslauf gesünder sind und deren Eier höhere Preise ermöglichen als Batteriehühner.

Unbehagen macht sich bemerkbar

Dieser Aufwertung der Freiheit für Tiere scheint aufzuzeigen, dass die «Tierliebe» der Landwirte nur durch Gesetze erreicht werden kann. Spiegelt dies das wahre Menschsein? Sollen Menschen in gleicher Weise «gesundgemassregelt» werden, weil sie selbst nicht mehr in der Lage sind, selbstverantwortlich und «frei wie unsere Väter waren» (Schiller) ihre eigenen gesundheitlichen Interessen wahrzunehmen? Beschneidet nicht jede zusätzliche Regel die Freiheit?

So schreibt Jürg Marti in der NZZ vom 27.9.18 in einem Leserbrief (ohne Bezug auf die Gesundheit): «Die Bürokratie in der Privatwirtschaft nahm bereits vor über 10 Jahren ihren unheilvollen Anfang. Corporate Governance, Codes of Conduct etc. begannen, gesunden Menschenverstand, Eigeninitiative und Innovation abzulösen. Auslöser waren nicht nur staatlich verordnete Regularien, sondern ebenso der Schwund bei der Bereitschaft von Unternehmensleitern und deren oberste Kader, Verantwortung zu übernehmen …»

Der ehemalige Vizedirektor im Bundesamt für Justiz Pierre Widmer schrieb in der gleichen Kolumne: «… zeigt eine Entwicklung auf, die mich durch fast mein ganzes Berufsleben begleitet und es mir auch gehörig vergällt hat. Und bei der das Schlimmste ist, dass sie offenbar unvermindert andauert und weiter ganze Heerscharen von Leuten in Verwaltung, Bildungsinstitutionen und Privatwirtschaft auf Trab hält und demotiviert: Die Adminstrativitis, getarnt als Effizienzsteigerung, Organisationsentwicklung, wirkungsorientierte Verwaltung (NPM), Qualitätssicherung, Benchmarking, HR-Strategien, Projektmanagement, Corporate Governance, Compliance, Evaluation, Controlling, Strukturoptimierung und was der betriebswirtschaftlichen Wundertüten mehr sind … Gebracht haben alle diese wunderschönen Dinge nämlich nur eines: eine schneeballartige Aufblähung der Verwaltung, und zwar derart, dass diese zunehmend nur noch sich selbst verwaltet …»

Bürgernähe für mehr Gesundheit

Zu diesem Selbsterleben gibt es natürlich Gegenargumente, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, war ich doch selbst als Berater in vielen Projekten engagiert. Kaum eines wies eine längere «Pay-back-time» als neun Monate auf. Entscheidend ist für mich, wo heutige gesellschaftliche Trends der Gesundheit abträglich sind und wie weit unsere Bevölkerung diese Trends gar nicht mehr wahrnimmt.

So war das schweizerische Stimmvolk am 23. September 2018 aufgerufen, darüber abzustimmen, «ob der Bund Grundsätze über Velowegnetze festlegen und die Kompetenz erhalten soll, Massnahmen der Kantone und weiterer Akteure zugunsten von Velowegen zu unterstützen und zu koordinieren». Die Parlamentarier haben mit 152 Ja- zu 71 Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen die Vorlage unterstützt und das Volk mit 73.6 %.

Freiheit ist, das zu tun, was man lassen kann.

Gewiss sind Velowege wünschenswert. Das Radfahren ist ökologisch und dient der Gesundheit. Eine Frage sei dennoch erlaubt: Wie weit sind Lokalpolitker und die Fachleute eines Kantons unfähig, die anstehenden Probleme zu lösen oder unter Umständen interkantonal anzugehen. Führt diese zunehmende Delegation von Aufgaben auf die nächst höhere Ebene dazu, dass sich einsatzfreudige Milizler auf der unterstehen Ebene, die ihre Velowege wohl am besten kennen, sich von übergeordneten Fachleuten entmündigt fühlen und damit das weltweit beobachtbare Spannungsfeld, sprich: die Distanz, zwischen Regierungen und Regierten weiter wächst?

Umgekehrt: Je näher sich Politiker und Volk sind, je näher am Bürger Entscheidungen gefällt werden, desto höher dürfte die Akzeptanz von Beschlüssen bei den Leuten sein und desto mehr fühlen sich Menschen als Mitglieder einer lebendigen, auf Freiheit und Subsidiarität bauenden Gesellschaft. Dies schafft Raum, in dem Gesundheitsentfaltung stattfinden kann.

Bruno und Reto

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